Welche Aufgaben hat die nationale Schlichtungsstelle?

Die nationale Schlichtungsstelle ist grundsätzlich mit drei Aufgaben ausgestattet:

  • der Lösung von kollektiven Konflikten in Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen;
  • der Regelung von kollektiven Konflikten, die nicht zu einem Tarifvertrag oder einer Gesamtvereinbarung geführt haben;
  • der Entscheidung über die Anträge auf Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen und Vereinbarungen in Zusammenhang mit dem nationalen oder berufsübergreifenden sozialen Dialog.

Wer kann die nationale Schlichtungsstelle anrufen?

Bevor Streiks ausgerufen oder Aussperrungsmaßnahmen ergriffen werden, legt die Partei, die hieran das größte Interesse bekundet, die Gesamtstreitigkeiten der nationalen Schlichtungsstelle vor.

Was ist unter einem kollektiven Konflikt zu verstehen?

Unterschieden werden Gesamtstreitigkeiten in Zusammenhang mit Tarifverträgen und Gesamtstreitigkeiten in Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen.

Von einem kollektiven Konflikt in Zusammenhang mit einem Tarifvertrag ist dann die Rede, wenn:

  • sich der Arbeitgeber weigert, die Tarifverhandlungen aufzunehmen;
  • unter den Parteien Uneinigkeit zu einer  oder  mehreren  Klauseln  des  abzuschließenden Tarifvertrages besteht.

Um eine Gesamtstreitigkeit in Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen handelt es sich dann, wenn die Streitigkeit die gemeinsamen Interessen aller Mitarbeiter oder der Mehrheit der Mitarbeiter betrifft und sich diese Streitigkeit aus Problemen in Zusammenhang mit der Organisation, der Neuorganisation  oder  der  Umstrukturierung  des  Unternehmens  ergibt,  die eine Auswirkung auf die Arbeitsbedingungen aller Mitarbeiter oder der Mehrheit der Mitarbeiter des Unternehmens haben.

Wie setzt sich die nationale Schlichtungsstelle zusammen?

Die nationale Schlichtungsstelle setzt sich aus einem Vorsitzenden, einer paritätischen Kommission und einer Verwaltungsabteilung zusammen.

Wer nimmt den Vorsitz der nationalen Schlichtungsstelle wahr?

Der Vorsitz der nationalen Schlichtungsstelle wird durch den Minister für Arbeit und Beschäftigung wahrgenommen.

Dieser kann  für  die  Dauer  von  5 Jahren  einen  stellvertretenden  Vorsitzenden  benennen, der aus einer Liste von 3 Kandidaten auszuwählen ist. Diese Liste wird auf Vorschlag des Ministers durch den Regierungsrat beschlossen.

Der Minister kann den stellvertretenden Vorsitzenden für  eine  bestimmte  Dauer  oder  für  eine bestimmte Streitigkeit durch einen anderen Kandidaten ersetzen, der auf der vorstehend genannten Liste aufgeführt wird.

Wie setzt sich die paritätische Kommission zusammen?

Die paritätische Kommission besteht aus 8 effektiven Beisitzern, die für 5 Jahre ernannt werden und sich wiederum aus 4 Vertretern der Arbeitgeber und 4 Vertretern der Arbeitnehmer zusammensetzen.

Sie umfasst darüber hinaus 16 stellvertretende Beisitzer, darunter 8 Vertreter der Arbeitgeber und 8 Vertreter der Arbeitnehmer.

Die paritätische Kommission wird außerdem von Beauftragten beraten, die direkt von dem behandelten Fall betroffen sind und jeweils die Arbeitgeber bzw. die Arbeitnehmer in den von der Streitsache betroffenen Sektoren oder Unternehmen/Einrichtungen vertreten.

Wie werden die ordentlichen Beisitzer und die stellvertretenden Beisitzer der paritätischen Kommission ernannt?

Die effektiven und die stellvertretenden Beisitzer der  paritätischen  Kommission  werden durch den Minister ernannt, der diese Ernennung zum einen auf Vorschlag der repräsentativsten Arbeitgeberverbände vornimmt, die zu einer nationalen Organisation  gehören,  in der die meisten Arbeitgeberverbände vertreten sind.

Ist es im Falle einer Gesamtstreitigkeit zwingend erforderlich, die nationale Schlichtungsstelle anzurufen?

Ja. Für alle Streitigkeiten kollektiver Art muss, unabhängig davon, ob sie die Arbeitsbedingungen oder den Abschluss eines Tarifvertrages betreffen, unbedingt ein Schlichtungsverfahren vor der nationalen Schlichtungsstelle eingeleitet werden.

Wie werden kollektive Konflikte in Zusammenhang mit einem Tarifvertrag gelöst?

Das Schlichtungsverfahren wird entweder durch die Unterzeichnung eines Tarifvertrages oder durch die Feststellung der Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuchs abgeschlossen.

Um eine Beilegung der Streitigkeit herbeizuführen, können die beiden Gruppen von Beisitzern gemeinsam einen Schlichtungsvorschlag formulieren.

Wird dieser Vorschlag von mindestens einer der Parteien abgelehnt, kann der Vorsitzende aus eigener Initiative einen Schlichtungsvorschlag vorlegen. Die Ablehnung seines Vorschlages durch mindestens eine der Parteien gilt als Feststellung der Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuchs.

Die Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuchs kann darüber hinaus auch durch einstimmigen Beschluss der beiden Gruppen von Beisitzern in der paritätischen Kommission festgestellt werden.

Erfolgt keine Einigung innerhalb einer Frist von sechzehn Wochen nach der ersten Sitzung der paritätischen Kommission, so können die an der Streitigkeit beteiligten Parteien oder eine dieser Parteien die Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuchs festlegen.

Erzielen die Parteien eine Einigung, so ergibt sich die Beilegung der Streitigkeit aus der Unterzeichnung einer Vereinbarung durch die zur Unterzeichnung berechtigten und an der Streitigkeit beteiligten Parteien. Diese Vereinbarung ist gegebenenfalls durch die zuständigen Organe dieser Parteien zu ratifizieren.

Können nicht alle an der Vertretung der Arbeitnehmer beteiligten Gewerkschaften eine Einigung erzielen, so wird die Vereinbarung rechtsgültig, sobald sie von den Gewerkschaften unterzeichnet wurde, die über das Mandat der Mehrheit verfügen.

Wie werden kollektive Konflikte in Zusammenhang mit den kollektiven Arbeitsbedingungen gelöst?

Die Partei, die daran das größte Interesse bekundet, wendet sich schriftlich an die nationale Schlichtungsstelle. Eine Kopie dieser Anrufung der Schlichtungsstelle wird an die Inspection du Travail et des Mines sowie an die Vertreter der von diesem kollektiven Konflikt betroffenen Parteien gesendet.

In der Anrufung der Schlichtungsstelle müssen die folgenden Punkte enthalten sein:

  • die Angaben zum Gegenstand des kollektiven Konfliktes;
  • der Nachweis darüber, dass es sich um einen kollektiven Konflikt im Sinne des Gesetzes handelt und
  • die Benennung der Vertreter der den Antrag stellenden Partei.

Innerhalb von 3 Tagen nach Erhalt der Kopie des Schreibens mit der Anrufung der Schlichtungsstelle benennt die andere Partei ihre eigenen Vertreter vor der nationalen Schlichtungsstelle und unterrichtet den Vorsitzenden darüber.

Der Vorsitzende beruft die Beisitzer und die Parteien innerhalb einer Frist von 9 Tagen ab dem Datum der Anrufung der Schlichtungsstelle ein. Die erste Versammlung tagt spätestens innerhalb von 15 Tagen nach diesem Datum.

Wenn die Streitigkeit nicht innerhalb von 4 Wochen nach dem ersten Zusammentreten der paritätischen Kommission beigelegt worden ist, können die an der Streitigkeit beteiligten Parteien die Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuchs verfügen.

Welches Verfahren ist bei einem Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung zu beachten?

Jeder Tarifvertrag kann für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer des betroffenen Berufszweiges, Tätigkeitsbereichs, Wirtschaftssektors oder der betroffenen Branche für allgemein verbindlich erklärt werden.

Die Allgemeinverbindlicherklärung muss den Anwendungsbereich des Tarifvertrages genau bestimmen.

Der Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung ist an den Minister für Arbeit zu richten, und zwar:

  • entweder durch den Arbeitgeberverband des betroffenen Sektors;
  • oder durch eine Gewerkschaft mit allgemeiner nationaler Tariffähigkeit;
  • oder durch eine Gewerkschaft, die über die Tariffähigkeit in  einem  besonders  wichtigen Sektor der luxemburgischen Wirtschaft verfügt, sofern dieser Sektor von  dem  Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung betroffen ist.

Die Allgemeinverbindlicherklärung erfolgt durch großherzogliche Verordnung auf der Grundlage eines gemeinsamen Vorschlages der beiden Gruppen von Beisitzern in der paritätischen Kommission, nachdem die Berufskammern um ihre Stellungnahme gebeten wurden.