Kann der Arbeitgeber den kranken Arbeitnehmer dazu auffordern, sich einer ärztlichen Gegenuntersuchung zu unterziehen?

Zuweilen hat der Arbeitgeber Zweifel am Wahrheitsgehalt der Krankheit des Arbeitnehmers oder hält das ärztliche Attest für eine reine Gefälligkeit.

Infolgedessen kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer der Rechtsprechung zufolge dazu auffordern, sich selbst während des Zeitraums der ärztlich festgestellten Krankheit einer erneuten ärztlichen Untersuchung bei einem Arzt seiner Wahl zu unterziehen.

Der Arbeitnehmer darf dies nicht ohne triftigen Grund ablehnen.

Sofern sich der Arbeitnehmer dieser Gegenuntersuchung nicht unterzieht und seinem Arbeitgeber keine diesbezügliche Erklärung liefert, begeht er ein schwerwiegendes Verschulden. Überdies erlischt der Kündigungsschutz.

Unterzieht sich der Arbeitnehmer hingegen der Gegenuntersuchung, hat das von diesem Arzt erstellte Attest keinen Vorrang vor dem vom Arbeitnehmer vorgelegten Attest. Es macht den Wert des seitens des behandelnden Arztes des Arbeitnehmers ausgestellten Attests nicht zunichte. Der Arbeitgeber muss die Meinung eines dritten Arztes einholen, um zwischen den beiden anderen zu entscheiden. Zudem müssen andere Faktoren den Arbeitgeber in seiner Überzeugung bestärken, dass der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig ist (z. B. späte und unerlaubte Ausgänge, Häufigkeit der Ausgänge usw.).

Ein Urteil des Berufungsgerichts vom 15. Juli 2014 (AZ 39910, InfosJuridiques CSL 10/2014, Seite 4) stellte fest, dass im Falle der Bestätigung der seitens des behandelnden Arztes festgestellten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers durch den Amtsarzt des kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherung diese selbst dann nicht durch andere und auf Antrag des Arbeitgebers durchgeführte ärztliche Gegenuntersuchungen widerlegt werden kann, wenn der Arbeitgeber davon keine Kenntnis hatte.

Das Gesetz vom 7. August 2015 bestätigte diesen Vorrang der Meinung des kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherung vor der Meinung jedes anderen Arztes.

Kann der kranke Arbeitnehmer auf Antrag seines Arbeitgebers Gegenstand einer behördlichen Überprüfung werden?

Unter der behördlichen Überprüfung arbeitsunfähiger Personen ist der Besuch von Kontrolleuren am Wohnsitz oder an jedwedem anderen Aufenthaltsort der Person zu verstehen. Die Überprüfung kann darüber hinaus auch an öffentlichen Orten oder an Orten erfolgen, an denen diese Personen medizinisch versorgt werden.

Die behördliche Überprüfung wird von seitens der Nationalen Gesundheitskasse (CNS) beauftragten vereidigten Kontrolleuren durchgeführt. Die Kontrolleure tragen einen Berechtigungsausweis bei sich und haben die Aufgabe, festzustellen, ob sich die arbeitsunfähige Person an die gesetzlichen Bestimmungen hält.

Allgemein ausgedrückt kann die zuständige Abteilung der CNS in allen Fällen, in der sie über eine krankheits- oder unfallbedingte Abwesenheit eines Arbeitnehmers informiert wurde, eine Überprüfung der Kranken durchführen.

Diese behördliche Überprüfung kann auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers über ein per Briefpost, Fax oder E-Mail an die Überprüfungsabteilung übermitteltes Formular erfolgen.

Sofern der Arbeitgeber die Überprüfungsabteilung zum Zwecke der Überprüfung über die Abwesenheit eines Arbeitnehmers in Kenntnis gesetzt hat, erhält er per Fax oder E-Mail eine schriftliche Bestätigung sowie die Eintragungsnummer der dazugehörigen Nachricht.

Auf demselben Wege meldet der Arbeitgeber unverzüglich jedwede Arbeitswiederaufnahme des Arbeitnehmers vor dem Ende seiner arbeitsunfähigkeitsbedingten Abwesenheit.

Ein neuer Antrag für denselben Versicherten kann seitens des Arbeitgebers frühestens nach Ablauf einer Frist von 30 Tagen nach dem letzten Antrag gestellt werden.

ACHTUNG:

Diese Überprüfung erstreckt sich sowohl auf die Zeiten der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber als auch auf die Zeiten, in denen der kranke Arbeitnehmer der CNS untersteht.

Die behördliche Überprüfung kann auch außerhalb der Grenzen des Großherzogtums Luxemburg erfolgen. In diesem Fall erfolgt sie durch Beamte der zuständigen Behörden des Wohnsitz- oder Aufenthaltslandes, oder, falls die anzuwendenden Rechtsvorschriften dies vorsehen, auch durch von der CNS beauftragte Kontrolleure.