Seit den Sozialwahlen 2019 ist es möglich, eine Personaldelegation auf einer neuen Ebene ernennen zu lassen, bei der es sich um die Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit handelt.

Sofern mehrere Unternehmen, d.h. mehrere verschiedene juristische Einheiten, zusammen eine wirtschaftliche und soziale Einheit darstellen, kann auf Antrag von mindestens zwei Delegationen dieser Einheit, eine Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit eingesetzt werden.

Definition der wirtschaftlichen und sozialen Einheit

Die wirtschaftliche und soziale Einheit ist in Artikel L.161-2 des Arbeitsgesetzbuches wie folgt definiert:

“Unter „Unternehmen“, die eine wirtschaftliche und soziale Einheit bilden, versteht man eine Gruppe von Rechtssubjekten, die eigenständige und/oder verschiedene Rechtspersönlichkeiten haben können und selbst als Franchise-System betrieben werden können, jedoch einen oder mehrere Faktoren aufweisen, die darauf schließen lassen, dass es sich bei diesen Rechtssubjekten nicht um unabhängige und/oder eigenständige Einheiten handelt, sondern um Einheiten mit

  • miteinander verflochtenen Führungsbefugnissen und identischen und sich ergänzenden Geschäftstätigkeiten,
  • bzw. um Einheiten, deren Arbeitnehmer durch identische, ähnliche oder sich ergänzende Interessen verbunden sind und einen vergleichbaren sozialen Status innehaben.

Um festzustellen, ob eine wirtschaftliche und soziale Einheit vorliegt, werden sämtliche verfügbaren Faktoren berücksichtigt, wie beispielsweise:

  • die Tatsache, dass die Rechtssubjekte über gemeinsame oder sich ergänzende Strukturen oder Infrastrukturen verfügen;
  • dass sie Teil einer gemeinsamen, sich ergänzenden oder aufeinander abgestimmten Strategie sind;
  • dass sie einem oder mehreren ganz oder teilweise identischen oder miteinander verbundenen wirtschaftlichen Eigentümern unterstehen;
  • dass sie einer gemeinsamen, sich ergänzenden oder miteinander verbundenen Unternehmensleitung oder einem gemeinsamen, sich ergänzenden oder miteinander verbundenen Aktionariat unterstehen, oder Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Kontrollorganen unterstehen, die sich ganz oder teilweise aus denselben Personen oder aus Personen zusammensetzen, die dieselben Organisationen vertreten;
  • dass ihre Arbeitnehmer durch gemeinsame oder sich ergänzende Interessen verbunden sind oder einen vergleichbaren oder ähnlichen sozialen Status innehaben.

Mehrere Unternehmen, die unter einem identischen oder weitgehend ähnlichen Firmenschild arbeiten, einschließlich im Rahmen eines Franchise-Systems, gelten als wirtschaftliche und soziale Einheit.”

Faktisch handelt es sich um eine Art Unternehmensgruppe aus rechtlich getrennten Einheiten, die auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene jedoch eine Einheit bilden.

Zu befolgendes Verfahren

Die Beantragung der Einrichtung einer Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit obliegt den Personaldelegationen der verschiedenen Unternehmen. Der Antrag muss von mindestens zwei Delegationen zweier verschiedener Unternehmen der Gruppe gestellt werden.

Die entsprechenden Anträge sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach den Wahlen der Personaldelegationen zu stellen und an die jeweiligen Arbeitgeber der betroffenen Einheiten zu richten.

Sollten ein oder mehrere Arbeitgeber oder eine oder mehrere mehrheitlich beschließende Personaldelegationen die Begründetheit des Antrags anfechten, können die in Artikel L.417-3 des Arbeitsgesetzbuches vorgesehenen Schlichtungsstellen angerufen werden.

Aufgabe der Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit

Die Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit vertritt die Interessen aller Arbeitnehmer, die in den verschiedenen Unternehmen einer wirtschaftlichen und sozialen Einheit beschäftigt sind.

Ihre einzige Aufgabe besteht im Austausch von Informationen zwischen den verschiedenen Personaldelegationen, aus denen sie hervorgegangen ist.

Zusammensetzung der Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit

Die Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit besteht aus Vollmitgliedern und Stellvertretern aus jedem der über eine Personaldelegation verfügenden Unternehmen.

Die Anzahl der Delegierten pro Unternehmen hängt von deren jeweiligem Personalbestand ab:

  • Unternehmen, die zwischen 15 und 100 Arbeitnehmer beschäftigen: 1 Vollmitglied und 1 Stellvertreter;
  • Unternehmen, die zwischen 101 und 500 Arbeitnehmer beschäftigen: 2 Vollmitglieder und 2 Stellvertreter;
  • Unternehmen, die über 500 Arbeitnehmer beschäftigen: 3 Vollmitglieder und 3 Stellvertreter.

Die Mitglieder der Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit werden seitens der Personaldelegationen nach Maßgabe des Systems der relativen Mehrheit in geheimer Listenabstimmung aus den Reihen ihrer Mitglieder gewählt.

Sollte eines oder mehrere der Unternehmen, die eine wirtschaftliche und soziale Einheit bilden, weniger als 15 Arbeitnehmer beschäftigen und keine Personaldelegation haben, ernennen alle Arbeitnehmer dieses oder dieser Unternehmen einen Vertreter, der an den Sitzungen der Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit teilnimmt. Dieser Vertreter hat Anspruch auf die Hälfte der in Artikel  L.415-9 Absatz 2 des Arbeitsgesetzbuches für den Bildungsurlaub vorgesehenen Stunden.

Kleine Unternehmen mit weniger als 15 Arbeitnehmern, die zusammen eine wirtschaftliche und soziale Einheit bilden

Sofern mindestens drei Unternehmen, von denen jedes weniger als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, eine wirtschaftliche und soziale Einheit bilden und zusammen mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigen, können mindestens 15 Arbeitnehmer bei der Gewerbeaufsicht (ITM) einen Antrag auf Einrichtung einer Delegation auf Ebene der wirtschaftlichen und sozialen Einheit einreichen.

Die Gewerbeaufsicht setzt den Termin der Wahlen fest, die nach Maßgabe des Systems der relativen Mehrheit durchgeführt werden. Sollten ein oder mehrere Arbeitgeber oder ein oder mehrere Arbeitnehmer die Begründetheit des Antrags anfechten, können die in Artikel L.417-3 des Arbeitsgesetzbuches vorgesehenen Schlichtungsstellen angerufen werden.

Die auf diese Weise gewählte Delegation untersteht denselben gesetzlichen Bestimmungen wie die klassische Personaldelegation, mit Ausnahme der Bestimmungen in Bezug auf die Unterrichtung und Anhörung in Unternehmen mit mindestens 150 Arbeitnehmern, der Bestimmungen in Bezug auf das Mitspracherecht in Unternehmen mit mindestens 150 Arbeitnehmern, sowie der Bestimmungen in Bezug auf den Gleichstellungsdelegierten und den Sicherheits- und Gesundheitsdelegierten.

Die Mitglieder dieser Delegation genießen dieselben Rechte und Pflichten wie die Mitglieder der klassischen Personaldelegation, mit Ausnahme des Rechts auf Weiterbildung, das in jedem Fall höchstens dem Recht eines stellvertretenden Personaldelegierten auf Weiterbildung entspricht.